Neue Geräuschrichtlinie für Motorräder ab 2016 – ist die letzte Klappe gefallen?

Streckensperrungen, Umweltinitiativen, hochrote Anwohner: Die Debatten über Motorradkrach verschärfen sich. Das neue Geräuschlimit 2016 soll für Ruhe sorgen und Tricksereien schwerer machen. Das jetzige Geräuschmessverfahren erlaubt den Herstellern eine großzügige Auslegung des Motormanagements, denn ist im Testzyklus ein extra starker Sound erkennbar, lässt sich der Schallpegel mittels Drosselklappensteuerungen und Auspuffklappen herunterregeln. Das soll sich ab 2016 ändern. Ist die letzte Klappe jetzt gefallen?

Neues Messverfahren soll Gesetzeslücken schließen

Mit Klappensteuerungen halten zahlreiche Hersteller das derzeitige Geräuschlimit von 80 dB(A) bei neuen Motorrädern ein. Das ist gängige Praxis in der Branche und vollkommen legal. Ab 1. Januar 2016 gelten allerdings schärfere Grenzwerte, denn die neue UNECE-R 41.04 Vorschrift dreht zu lauten Krafträdern den Hahn zu.

Je nach Verhältnis von Leistung und Masse des Bikes erfolgt die Begrenzung des Schallpegels in unterschiedlichen Fahrzuständen auf Maximalwerte von 73 bis 77 dB(A).

Das völlig neue Messverfahren soll Gesetzeslücken schließen, Tricksereien erschweren und den Umweltschutz präzisieren. Die Aktivierung der Testzykluserkennung über Klappensteuerungen sowie Motorsteuerungen ist ab 2016 ausdrücklich verboten. Doch ist damit das Risiko für taube Ohren gebannt? Die UNECE-Vorschrift ist nur für neue typgeprüfte Motorräder gültig, ältere Fahrzeuge und bereits am Markt etablierte Nachrüstanlagen genießen den sogenannten Bestandsschutz.

Zubehör-Auspuffanlagen – ein ganz eigenes Kapitel

Zubehör-Auspuffanlagen nehmen im Geräusche-Zirkus ein ganzes Kapitel für sich ein. Eine Auspuffanlage muss wie das Motorrad zugelassen sein und bestimmte Geräuschgrenzwerte einhalten. Die neuen Richtlinien nach UNECE-R 41.04 gelten in der Theorie auch für Auspuffanlagen aus dem Ersatzteillager. Jedoch greift hier speziell die UNECE 92.01 Regelung, die ab 2020 verpflichtend ist. Für Nachrüstschalldämpfer gibt es ein breitgefächertes Angebot. Auf dem Markt finden Biker zahlreiche Schalldämpfer mit Klappensystemen, die sich kinderleicht auf mechanischem oder elektronischem Weg verstellen lassen. Außerdem können schalldämpfende Einsätze, sogenannte dB-Killer, dB-Absorber oder dB-Eater zumeist ohne großen Aufwand entfernt werden.

Nicht alle Genehmigungsbehörden sind so akkurat wie das KBA

Tests des Magazins „Motorrad“ zeigen, dass auch Nachrüstschalldämpfer oft eine höheren Fahrgeräuschpegel aufweisen als erlaubt. Wie kann das sein, wenn doch EU-weit die gleichen Grenzwerte gelten? Einige Branchenkenner führen diesen Umstand auf Interpretationsspielräume der jeweiligen Behörde zurück, andere vertreten die Ansicht, dass bei den COP-Produktionskontrollen (Conformity of Production) nicht immer sorgfältig gearbeitet wird.

TÜV-Experten erklären, dass die Qualitäten der Genehmigungsbehörden und die Überprüfung der Auspuffanlagen seitens der technischen Dienste in den EU-Ländern variieren, denn nicht jede Behörde arbeitet so akkurat wird das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), bevor es die Genehmigung für einen Fahrzeugtyp erteilt.

Prangt der Stempel erst mal auf dem Papier, ist nicht mehr nachvollziehbar, für welche Modelle und in welchem Zustand ein Schalldämpfer seine Zulassung bekommen hat.

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